Rentner-Pferde

Letzte Woche gab es eine große Sonderseite in der hiesigen Zeitung. Darin ging es um eine „Pferdeklappe“, also eine Stelle, an der man Pferde relativ anonym abgeben kann und es wurde auch berichtet, wie gut diese Klappe angenommen wird.

Der zweite Artikel auf der Sonderseite hieß „Tierische Rentner“ (leider finde ich den Artikel nicht online) und handelte darum, wie man älteren Pferden das Leben gestalten sollte. Der letzte Absatz dieses Artikels hat mich nachdenklich gestimmt. Darin hieß es sinngemäß, dass Pferde, die man nicht mehr zur Ausübung des Hobbys nehmen kann, häufig eingeschläfert werden, beim Schlachter oder auf einem Gnadenhof landen. Eine Tierärztin betonte noch, dass man sich, wenn man das Geld hat, am besten eben ein jüngeres Pferd zum Reiten kauft und das ältere als Beistellpferd behält.

Was genau hat mich daran so nachdenklich gestimmt?

Am meisten betroffen hat mich, dass recht neutral darüber berichtet wird, dass Pferde oft sterben müssen, wenn sie nicht mehr benutzbar sind. Da frage ich mich doch, wie sehr hat sich unsere Einstellung gegenüber Pferden wirklich verändert, wenn die Öffentlichkeit da ganz neutral drüber spricht. Als sei es das normalste auf der Welt…

Man stelle sich mal vor, jemand berichtet so über einen Hund. „Naja, er war halt für den Hundesport nicht mehr geeignet, hatte Arthrose, da habe ich ihn ins Tierheim gegeben. So habe ich Platz für einen jüngeren Hund.“ Ich denke schon, dass es von vielen Seiten einen sehr lauten Aufschrei gegeben hätte. Bei Pferden ist es anders.

Und bei Pferden geht es ja nichtmal nur um Pferde aus dem großen Sport. Nein, auch Freizeitreiter schieben ihr lange Jahre so geliebtes Pferd auf Gnadenhöfe ab, um ein neues, jüngeres, reitbares Pferd bezahlen zu können.

Klar, werden einige jetzt denken, ein Pferd kostet ja auch viel mehr Geld als ein Hund. Ja und?! Ist das der Grund, warum Pferde immer benutzbar sein müssen?! Ist Reiten als Hobby mehr wert als das Pferd als Lebewesen?!

Wer redet da noch von Freundschaft zum Pferd?!

Ja, ich weiß. Für die, die hier lesen, ist das oft genauso weit weg wie für mich selbst auch. Ich liebe meinen Szabanac über alles, er wird jetzt 29 und ich hoffe, dass er noch lange, lange bleibt.

Aber bei längerem Nachdenken hat mich eine Sache noch trauriger gestimmt. Es ist im Grunde doch wirklich haarsträubend.

Pferde werden sehr, sehr oft durch das Reiten krank. Ich will das jetzt gar nicht im Detail erörtern, aber Rücken- und Gelenkschäden, Schäden durch das Gebiß, Schäden der Psyche durch Druck, Gewalt, Schmerzen beim Reiten, das lässt Pferde viel früher altern und krank werden, als es notwendig wäre. Die Reiter machen Pferde in vielen Fällen krank! Und weil sie durch die Benutzung durch den Reiter irgendwann nicht mehr benutzbar sind, werden sie abgeschoben (im günstigsten Falle) oder von ihrem Leiden „erlöst“.

Dazu kommt, dass ein Pferd oft völlig gegen seine Natur gehalten wird. Eingesperrt in kleine Boxen, oft bis obenhin vergittert. Kein Sozialkontakt zum Nachbarn möglich, die so wichtige, ständige Bewegungsfreiheit absolut eingeschränkt. Das ist auch heute noch oft die gängige Haltung, die selten hinterfragt wird. Und in der Öffentlichkeit wird es doch auch gar nicht mal als falsch wahrgenommen. So hält man eben Pferde… Sie kommen ja tagsüber raus (hoffentlich).

Doch für das Bewegungstier Pferd ist das viel zu wenig!

Aber jetzt kommt doch das völlig verrückte an der Sache: Durch die Haltung wird es notwendig, das Pferd zu bewegen. Durch die Bewegung unter dem Reiter nimmt das Pferd (in den allermeisten Fällen) auf lange Sicht nicht unerheblichen Schaden. Durch diese angerichteten Schäden ist das Pferd dann früher nicht mehr reitbar, sprich benutzbar, und wird früher abgeschoben oder „erlöst“.

Und das steht dann in einer allgemeinen Zeitung, als sei es ganz normal… So ist das eben mit den alten Pferden, den „Rentnern“.

Über einen anderen Kreislauf nachzudenken, nämlich erstmal die Haltung ins positive zu verändern (damit die Grundbedürfnisse des Pferdes gedeckt sind), dann über das Reiten ernsthaft nachzudenken (damit das Pferd keine Schäden für den persönlichen Spaß nimmt) und am Ende wirklich das Pferd als Freund zu sehen (als einen Wert aufgrund seiner Persönlichkeit, seines Charakters), nicht als Hobby oder zum Reiten, ist noch nicht überall angekommen. Ich weiß aber, dass es immer mehr Menschen werden und darüber bin ich sehr dankbar.

Meine Pferde sind keine Rentner. Denn sie mussten nicht aus ihrer Benutzung in Rente gehen. Sie sind Pferde verschiedenen Alters, die das tun, was sie mögen. Ich werde immer mal gefragt, ob man meine Pferde denn gar nicht reiten kann oder warum ich eigentlich Pferde habe. Nun, ich habe Pferde, weil ich sie liebe. Weil es für mich großartige, wundervolle Geschöpfe sind, die meinen Alltag unglaublich bereichern. Und ich finde es nicht normal oder in Ordnung, wenn jemand sein altes Pferd gegen ein junges eintauscht. Denn selbst wenn man Reiten toll findet oder es als sein Hobby betrachtet: Der Wert eines Lebewesens sollte immer höher sein als der Wert eines Hobbys!

 

 

 

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